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Chinas mächtiger Milliardär verschwunden
Dem &ever-Gründer Mark Korzilius ist es dank schnellerer Wachstumszyklen gelungen, bis zu 550 Kilogramm Salat pro Tag zu produzieren.
Düngemittel, Pestizide, Treibstoff, Monokulturen: Konventionelle landwirtschaftliche Betriebe versuchen laut Bundeslandwirtschaftsministerium seit Jahren, ihre steigenden Produktionskosten in den Griff zu bekommen. Gleichzeitig müssen sie mit ausgelaugten Böden und den Folgen des globalen Klimawandels kämpfen. Zunehmend auftretende Extremwetterlagen wie Dürren oder Überschwemmungen verknappen bereits jetzt Anbauflächen und Ressourcen, bilanziert das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in seiner Studie „Urban Farming in the City of tomorrow“. Um schrumpfende Anbauflächen und Ressourcen zu kompensieren, empfehlen die Studienautoren urbane Farmen.
Weil laut UN langfristig 80 Prozent der Bevölkerung in Städten leben werden, werden Lösungen wie Indoor Farming oder Vertical Farming immer relevanter: Frische Lebensmittel lassen sich in großen Mengen direkt in Ballungsgebieten anbauen – und gleichzeitig Qualität, Geschmack und Klima verbessern. Denn Salat, Obst und Gemüse haben eine katastrophale Klimabilanz: Avocados legen von den Plantagen in Lateinamerika bis zum deutschen Supermarkt mehr als 10.000 Kilometer zurück – und setzen auf ihrem Flug je Kilo knapp 300 Kilogramm Treibhausgase frei.
Statt 5.000 Kilometer zwischen deutschen Anbaugebieten und Endverbrauchern legt der Salat der Vertical-Farming-Firma &ever in Kuwait weniger als 100 Kilometer zurück. Das Hamburger Unternehmen versorgt mit seiner ersten kommerziellen Farm inmitten der kuwaitischen Wüste lokale Restaurants und Lebensmittelhändler mit regional angebauten Blattsalaten.
Diese wachsen auf mehr als 3.000 Quadratmetern Anbaufläche und schmecken wie frisch vom Feld gepflückt. „Dank schnellerer Wachstumszyklen können wir bis zu 550 Kilogramm Salat pro Tag produzieren“, sagt Mark Korzilius, Gründer von &ever. „Dabei reduziert unsere neu entwickelte Anbautechnologie Dryponics den Wasserverbrauch um 90 Prozent und den Einsatz von Düngemitteln um 60 Prozent im Vergleich zur klassischen Anbauweise.“ Zudem verzichtet das Unternehmen auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
In der Vertical Farm wachsen die Pflanzen in mehrstöckigen Metallregalen. Das Saatgut wächst auf einer Hydromembran, die Salatwurzeln versorgen sich selbst mit einem individuell abgestimmten Wasser- und Nährstoffgemisch. Weil LED-Lampen die Pflanzen bestrahlen, erfolgen Aufzucht und Ernte unabhängig von Witterungsbedingungen. „Durch unser geschlossenes System können wir die Wachstumsbedingungen ideal kontrollieren“, sagt Dr. Jan-Gerd Frerichs, Chief Digital Officer von &ever. „Das erlaubt schnellere Wachstumszyklen und höhere Erträge.“ Statt ein- bis zweimal im Jahr ernten die Farmhelfer im hochautomatisierten Betrieb in derselben Zeit bis zu 18 Mal – mehr als 250 verschiedene Gemüsesorten und Kräuter. Denn innerhalb von ungefähr 21 Tagen ist eine Charge erntereif.
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Den gesamten Produktionsprozess seiner vertikalen Farmen steuert das Unternehmen durchgängig digital – vom deutschen Firmensitz aus. „Unsere gesamte Produktionsplanung basiert vollständig auf der SAP Business Technology Platform“, sagt Frerichs. „Aussaat, Keimung, CO2-Regulierung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftstrom und Ernte erfolgen vollkommen automatisiert.“ Gemeinsam mit dem SAP-Partner IBsolution hat das Start-up binnen zehn Monaten seine Produktionsplanung digitalisiert. Die Software-Spezialisten implementierten nicht nur die neue IT-Lösung. Mit der SAP Business Technology Platform hat IBsolution den passenden Baustein für das digitalisierte Verfahren des Anwenders identifiziert und konfiguriert. Integrierte Business-basierte Templates und Tools wie Stammdaten- und Business-Partnermodelle vereinfachen und verkürzen seitdem die Entwicklungszeit. Die native Schnittstelle zum Warenwirtschaftssystem Business One erlaubt ein reibungsloses Ineinandergreifen der Systeme.
Über Fiori kontrollieren die Farmer in Kuweit per Tablet den Zustand der einzelnen Salatchargen und erfahren, ob sie Dünger oder neues Saatgut bestellen müssen; die nutzerfreundliche Bedienoberfläche richtete der Dienstleister ebenfalls ein. Um genaue Arbeitsanweisungen auszuspielen, erfassen IoT-Sensoren und Edge-Computing-Geräte sämtliche Produktionsdaten von der Aussaat bis zur Ernte. Algorithmen leiten Handlungsempfehlungen ab, um Pflanzen noch nachhaltiger und effizienter anzubauen. Hier kommen die Cloud Platform und die Datenbank SAP Hana zum Einsatz, worüber die gesammelten IoT-Daten gespeichert werden. Logistik- und Produktionsanwendungen der Cloud Platform überwachen und analysieren diese in Echtzeit. Hinzu kommt: Die Systeme lassen sich gut skalieren, Anforderungen und Kapazitäten der Farm individuell anpassen. Ein wichtiger Schritt, um Menschen auf der ganzen Welt mit frischem Gemüse zu versorgen – und dabei nicht nur kurzfristig profitabel, sondern auch langfristig nachhaltig zu wirtschaften.
Bildquelle: &ever